ProjektW. Kunz dryTec AG, Dintikon

Wie aus Gülle ein Top-Dünger wird

#315

Hightech Zentrum Aargau unterstützt Swiss Combi bei innovativer Trocknungsanlage

Gärreste und Gülle könnten reichlich Geld wert sein, falls der Plan von Swiss Combi aufgeht: Das Engineeringunternehmen aus Dintikon hat ein neues Trocknungsverfahren entwickelt. Dieses ist hoch energieeffizient und wird nun daraufhin getestet, ob es auch im Industriemassstab funktioniert.

«Dieses System verfügt über einen thermischen Gesamtwirkungsgrad, der seinesgleichen sucht», kommt Reto Eggimann ins Schwärmen. Der Technologie- und Innovationsexperte der Hightech Zentrum Aargau AG (HTZ) präsentiert ein Kundenprojekt, das er seit einigen Monaten begleitet. Bei diesem Kunden handelt es sich um Swiss Combi. Dieses im Kern 60-jährige Unternehmen entwickelt, konstruiert und realisiert mit 28 Mitarbeitenden industrielle Anlagen zur Trocknung von Schüttgütern und Biomasse. Im Vordergrund stehen Trommel- und Bandtrockner. Die Palette reicht von kundenspezifischen Gesamtanlagen bis zu standardisierten Komponenten. Swiss Combi ist daran, eine technologische Innovation im industriellen Massstab zu testen und ein passendes Geschäftsmodell zu evaluieren.

Gegen Bodenüberdüngung

Swiss Combi hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Gärreste aus der Biogasproduktion oder Gülle aus Schweinezuchtbetrieben zu Dünger verarbeitet werden können. Dieser Dünger in Granulatform ist getrocknet, haltbar, geruchlos und rieselfähig. Gärreste und Gülle bestehen zu über 95 Prozent aus Wasser, sind also relativ schwer. Mit dem zweistufigen Verfahren wird eine zehnfache Mengenreduktion und die 15-fache Gewichtsverringerung erreicht. In einer ersten Stufe produziert ein Eindampfer der Partnerfirma Arnold Biogastechnik aus Schachen ein noch flüssiges Konzentrat. Danach kommt der «ecoDry»-Trommeltrockner von Swiss Combi zum Einsatz. Das Verfahren basiert auf einem geschlossenen Dampfkreislauf. Die Wärme für das Eindampfen des Konzentrats – das ist der innovative Ansatz – stammt aus dem Trocknungsprozess.

«Auf diese Weise lassen sich 60 Prozent der Energie aus der Trocknung zurückgewinnen.»

Reto Eggimann, HTZ-Technologie- und -Innovationsexperte

Das Endprodukt ist laut Markus Kunz, CEO von Swiss Combi, ein hochwertiger organischer Dünger für eine breite Kundschaft. Ein weiterer, gewichtiger Vorteil dieser Lösung bestehe darin, dass man der Überdüngung der Böden entgegenwirken könne. Diese wird in europäischen Industriestaaten zunehmend zum Problem. Die Gründe: Steigender Fleischkonsum, Zunahme der Biogasanlagen und das Bevölkerungswachstum. Das Verfahren hat gegenüber der Austragung der Gülle auf Feldern den grossen Vorteil, dass dabei keines der beiden schädlichen Klimagase Methan und Ammoniak freigesetzt wird. Die Exporte von Gärresten und Gülle sind nicht unumstritten.

Technisch machbar

Die technische Machbarkeit wurde auf einer Versuchsanlage nachgewiesen. Auf Empfehlung eines Freundes nahm Kunz im Frühjahr 2019 mit dem Hightech Zentrum Aargau Kontakt auf. Nach Vorabklärungen erfolgte im Sommer eine begleitete Patentrecherche, verbunden mit einer Umfeldanalyse, beim Institut für Geistiges Eigentum in Bern. HTZ-Experte Eggimann und das Unternehmen lancierten in der Folge eine Machbarkeitsstudie. Das Ziel: Die Entwicklung eines Konzepts für die Vermarktung des Verfahrens. Als Forschungspartner konnten Spezialisten für Industriegütermarketing an der Hochschule Luzern gewonnen werden. Ausgangsbasis ist ein innovatives Geschäftsmodell, bei dem eine Betreiberfirma Entsorgung, Herstellung und Verkauf übernimmt und nach vier Jahren die Gewinnschwelle erreicht. Eine Anlage würde jährlich 70 000 Tonnen Gärreste bzw. Gülle verarbeiten. Ein Parallelprojekt betrifft den Bau einer ersten industriellen Pilotanlage bei einem potenziellen Kunden – und die Finanzierung. Diese Investition übersteigt die Möglichkeiten des Aargauer KMU. Nach Abklärungen beim Bundesamt für Umwelt BAFU hat HTZ-Experte Eggimann Swiss Combi bei der Einreichung eines Gesuchs um Mitfinanzierung unterstützt. Die Expertenkommission des BAFU wird im November entscheiden.

«Die Zusammenarbeit mit dem Hightech Zentrum Aargau ist hervorragend»,

hält Kunz fest. Wichtige Kontakte zu Behörden und Hochschulen seien effizient vermittelt worden. Zudem:

«Das Hightech Zentrum Aargau kennt die Möglichkeiten, wie ein KMU wie wir unterstützt werden kann.»

Grosses Potenzial

Swiss Combi ist führend im Bereich «ecoDry»-Trocknung für die Märkte Bioethanol und Stärke. Bis zu 40 Tonnen Wasser lassen sich pro Stunde verdampfen. Der Wettbewerb ist bei diesem Trocknertyp technologiegetrieben. Die Energieeffizienz ist hoch, eine Anlage kostet doppelt so viel wie ein konventioneller, direkt beheizter Trockner. Mit dem neuen Verfahren ist es erstmals gelungen, eine Flüssigkeit in einer «ecoDry»-Anlage zu trocknen. Industrieller Standard ist die energieineffiziente, teure Sprühtrocknung, die vor allem in der Lebensmittelbranche verwendet wird. Für Swiss Combi sei das Projekt «von grösster strategischer Wichtigkeit», betont Kunz. Im Erfolgsfall könnte das Verfahren auf Jahre hinaus zum dominanten Marktsegment werden.

Unternehmen mit Tradition

Swiss Combi ist der Markenname der juristischen Einheit W. Kunz dryTec AG. Der Grundstein für das heutige Unternehmen wurde 1959 von Werner Kunz, dem Grossvater des heutigen Inhabers und Geschäftsführers Markus Kunz, gelegt. Die damals konstruierte Trocknungsanlage gilt als Prototyp für Schweizer Grastrocknungsanlagen. In den 1990er-Jahren wurde die Klärschlammtrocknung verkauft und die eigene Fabrikation verselbstständigt. Seit der Gründung wurden mehr als 500 Swiss Combi-Trocknungsanlagen in über 40 Ländern in Betrieb genommen. Swiss Combi exportiert 95 Prozent ihrer Produkte, vor allem nach Europa, Nordamerika, China und Thailand.

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